Customer-Journey-Modell versus Lead-User-Theorie: Die Rolle der Kunden als Mitgestalter und Innovationstreiber
Die in der Marketingstrategie dargestellten Customer-Journey-Modelle bieten einen klaren Rahmen, um die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden entlang einer vordefinierten Reise zu verstehen und darauf zu reagieren. Diese Reisen werden in vier Hauptkategorien unterteilt: Routine, Spritztour, Wanderung und Odyssee. Sie repräsentieren verschiedene Erlebnistypen und finden in der Praxis Anwendung.
Der Ansatz von Eric von Hippel, der sich auf nutzerbasierte Innovationen durch sogenannte „Lead User“ konzentriert, kann im Kontext der Customer-Journey-Theorie als komplementär betrachtet werden, insbesondere hinsichtlich der Rolle der Kunden als Mitgestalter und Innovationstreiber. In der Analyse der beiden Ansätze lassen sich mehrere Überschneidungen, aber auch Unterschiede erkennen.
Gemeinsame Brücken zwischen den Ansätzen
- Kunden als aktive Gestalter: Sowohl von Hippels Lead-User-Theorie als auch die Customer-Journey-Modelle betrachten Kunden nicht nur als passive Konsumenten, sondern als aktive Mitgestalter des Produkterlebnisses. Von Hippel betont, dass Lead User Lösungen für spezifische Bedürfnisse entwickeln und so Innovationen vorantreiben. Die Customer-Journey-Matrix zeigt auf, dass Kunden auf verschiedene Weisen in den Prozess eingebunden werden können, sei es durch Feedback während einer Spritztour (z. B. nutzergenerierte Inhalte auf TikTok) oder durch Anpassungen basierend auf den Erfahrungen einer Odyssee.
- Bedeutung der Personalisierung und Anpassung: Beide Ansätze betonen die Notwendigkeit, Erlebnisse und Produkte auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden zuzuschneiden. Von Hippel zeigt, dass Innovationen häufig von Personen initiiert werden, die personalisierte Lösungen für nicht erfüllte Bedürfnisse suchen. In der Customer-Journey-Matrix wird dieser Gedanke durch die verschiedenen Archetypen gestärkt: Ein „Power User“ könnte eine komplexe, anspruchsvolle Odyssee bevorzugen, während Gelegenheitsnutzer eher an einer einfachen Routine oder Spritztour interessiert sind.
- Ko-Kreation und kontinuierliche Interaktion: Ein gemeinsamer Punkt beider Ansätze ist die Idee der Ko-Kreation. Von Hippel betont, dass Lead User eng mit Unternehmen zusammenarbeiten, um ihre innovativen Lösungen zu kommerzialisieren. Diese Kooperation ist auch in der Customer-Journey-Matrix von Bedeutung, insbesondere bei Erlebnissen wie Wanderungen oder Odysseen, die langfristige Interaktionen erfordern. Unternehmen müssen kontinuierlich auf Kundenfeedback reagieren und den Interaktionsprozess anpassen, um langfristigen Erfolg zu sichern.
Verstärkende Elemente der Ansätze
- Innovationen als Ergebnis des Nutzerbedarfs: Beide Modelle erkennen an, dass die besten Innovationen aus den realen Bedürfnissen und Erfahrungen der Nutzer entstehen. In der Customer Journey geht es darum, das Kundenerlebnis so zu gestalten, dass es sich ständig weiterentwickelt und neue Anreize bietet. Dies ist besonders bei Spritztouren und Odysseen der Fall, die Überraschungselemente oder kontinuierliche Herausforderungen bieten. Diese ständige Weiterentwicklung spiegelt die Dynamik wider, die von Hippel beschreibt, wenn Lead User aufgrund ihrer spezifischen Bedürfnisse neue Produkte oder Lösungen entwickeln.
- Kundenzentrierte Produktentwicklung: Beide Ansätze betonen, dass Unternehmen erfolgreich sein können, wenn sie sich intensiv mit den Bedürfnissen der Kunden auseinandersetzen. Die Customer-Journey-Modelle bieten einen strukturierten Weg, um unterschiedliche Kundenerlebnisse zu managen und anzupassen. Von Hippels Theorie ergänzt dies, indem sie zeigt, dass Nutzer oft selbst Innovationen anstoßen, die später von Unternehmen übernommen werden können.
Unterschiede in den Ansätzen
- Top-down vs. Bottom-up Innovation: Ein zentraler Unterschied liegt im Ursprung der Innovation. Von Hippel setzt auf Bottom-up-Innovationen durch Lead User, während die Customer-Journey-Theorie eher ein Top-down-Modell verfolgt, bei dem Unternehmen die verschiedenen Kundenerlebnisse gestalten und steuern. In der Customer Journey überwachen und optimieren Unternehmen den Prozess, um das bestmögliche Erlebnis zu schaffen. Bei von Hippel kommt die Innovation oft von außen, und Unternehmen müssen diese in ihre Prozesse integrieren.
- Direkte Einbindung der Kunden in den Innovationsprozess: Bei von Hippel sind die Kunden selbst die treibende Kraft hinter Innovationen, während die Customer-Journey-Theorie davon ausgeht, dass Unternehmen den Weg der Kunden gestalten und optimieren. Hier agieren Kunden als Rezipienten von bereits entwickelten Produkten, während sie in von Hippels Modell aktiv an der Produktentwicklung beteiligt sind.
Schlussfolgerung: Synergien und zukünftige Anwendungen
Beide Ansätze ergänzen sich auf vielfältige Weise in der Praxis. Unternehmen, die die Customer Journey optimieren, können von von Hippels Lead-User-Modell profitieren, indem sie die Innovationen ihrer Kunden aktiv in den Entwicklungsprozess einbeziehen. Besonders bei anspruchsvollen und unvorhersehbaren Erlebnissen, wie den Odysseen oder Wanderungen, kann die Rolle der Lead User entscheidend sein, um neue Lösungen zu entwickeln und kontinuierliche Verbesserungen zu erzielen. Durch die Einbindung der Kunden in den Innovationsprozess und das Schaffen personalisierter Erlebnisse können Unternehmen langfristig erfolgreiche und nachhaltige Beziehungen zu ihren Kunden aufbauen.