Geschäftsmodelle sind noch keine Strategie – Strategien ohne Geschäftsmodell scheitern

Der Kern eines Geschäftsmodells besteht darin, zu beschreiben, wie ein Unternehmen Wert schafft, vermittelt und erfasst. Es ist der strukturelle Rahmen, der die wesentlichen Komponenten eines Unternehmens und deren Zusammenwirken definiert, um Einnahmen zu generieren. Ein Geschäftsmodell beantwortet Fragen wie: Wer sind die Zielkunden? Welches Wertversprechen bietet das Unternehmen? Wie wird dieses Wertversprechen vermittelt? Welche Ressourcen und Partner werden benötigt? Und wie erzielt das Unternehmen letztlich Gewinn? Ein bekanntes Modell zur Darstellung dieser Elemente ist das Business Model Canvas, das neun zentrale Bausteine eines Geschäftsmodells umfasst: Kunden, Wertangebote, Kanäle, Kundenbeziehungen, Einnahmequellen, Schlüsselressourcen, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselpartner und Kostenstruktur.

Die Funktion eines Geschäftsmodells liegt in der Strukturierung und Analyse der Funktionsweise eines Unternehmens, um sicherzustellen, dass es wirtschaftlich tragfähig ist. Es dient als Blueprint für die Wertschöpfung und Gewinnrealisierung eines Unternehmens und bietet eine Grundlage, um sich in einem wettbewerbsintensiven Markt zu positionieren.

Der Zweck eines Geschäftsmodells ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen ein Unternehmen funktioniert und rentabel ist. Es bietet eine klare Darstellung dessen, wie das Unternehmen funktioniert und gibt Führungskräften und Investoren eine Orientierung, ob das Unternehmen auf dem richtigen Kurs ist. Es trägt dazu bei, strategische Entscheidungen über Ressourcenallokation und Markteintrittsstrategien zu treffen.

Warum ein Geschäftsmodell noch keine Strategie ist

Ein Geschäftsmodell ist oft eine statische Beschreibung der Funktionsweise eines Unternehmens in seinem Marktumfeld. Es beantwortet Fragen zur Wertschöpfung und beschreibt die Grundstruktur des Unternehmens. Eine Strategie hingegen geht einen Schritt weiter, indem sie definiert, wie das Unternehmen langfristig Wettbewerbsvorteile aufbauen und erhalten kann. Während das Geschäftsmodell festlegt, wie Wert geschaffen wird, beantwortet die Strategie Fragen wie: Wie kann das Unternehmen in einem dynamischen Marktumfeld langfristig erfolgreich sein? Wie reagiert das Unternehmen auf Wettbewerbsdruck, technologische Veränderungen und sich verändernde Kundenbedürfnisse? Eine Strategie beinhaltet taktische Maßnahmen und Pläne, die das Unternehmen auf Veränderungen im Markt vorbereiten und es ihm ermöglichen, sich anzupassen, um langfristig erfolgreich zu bleiben.

David J. Collis betont in einem Artikel des Harvard Business Manager, dass viele Unternehmen – sowohl etablierte als auch junge – oft scheitern, weil sie sich zu stark auf einzelne Elemente konzentrieren und das größere strategische Bild ignorieren. Ein Geschäftsmodell kann zwar identifizieren, welches Potenzial ein Unternehmen hat, aber es fehlt die ganzheitliche Geschäftslogik und die langfristige Ausrichtung, die eine Strategie erfordert. Ohne eine klare Strategie, die sicherstellt, dass das Geschäftsmodell auf die sich verändernde Umwelt und den Wettbewerb ausgerichtet bleibt, ist das Unternehmen anfällig für Störungen und Marktveränderungen​.

Um aus einem Geschäftsmodell eine schlagkräftige Strategie zu entwickeln, müssen Führungskräfte nicht nur das Geschäftsmodell selbst überprüfen, sondern auch die Wettbewerbsposition des Unternehmens im SRM (Strategisch Relevanten Markt) und die Dynamiken im SRM analysieren. Sie müssen die langfristigen Trends und Risiken erkennen und auf dieser Grundlage fortlaufend Entscheidungen treffen, die den langfristigen Erfolg des Unternehmens sichern. Dies erfordert oft die Bereitschaft, das Geschäftsmodell anzupassen, neue Kompetenzen aufzubauen und strategisch in die Unternehmensentwicklung zu investieren​.

Kritische Reflexion und Korrelation mit führenden Autoren

Viele führende Autoren, darunter Michael E. Porter, betonen die Notwendigkeit einer klaren Trennung zwischen Geschäftsmodell und Strategie. Während das Geschäftsmodell lediglich die organisatorische Struktur und den betriebswirtschaftlichen Ablauf beschreibt, definiert die Strategie den nachhaltigen Weg zum Erfolg, indem sie Wettbewerbsvorteile entwickelt und erhält. Porter weist insbesondere darauf hin, dass Unternehmen, die sich auf kurzfristige Erfolge konzentrieren und dabei die langfristigen Herausforderungen ignorieren, leicht von neuen Marktteilnehmern verdrängt werden können​​.

Führende Wirtschaftsdenker wie Clayton Christensen sehen in einem Geschäftsmodell ebenfalls nur eine Basisstruktur, die flexibel genug sein muss, um sich neuen Marktanforderungen anzupassen. Eine Strategie hingegen gibt dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, indem es innovative Wege findet, die Kundenbedürfnisse besser als die Konkurrenz zu erfüllen. Dabei reicht es nicht aus, ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu entwickeln – es muss kontinuierlich weiterentwickelt und an neue Gegebenheiten angepasst werden​.

Zusammengefasst: Ein Geschäftsmodell beschreibt das „Was“ und „Wie“ eines Unternehmens, während die Strategie das „Warum“ und „Wohin“ liefert. Nur durch die Entwicklung und Umsetzung einer gut durchdachten Strategie kann ein Unternehmen langfristig erfolgreich bleiben.

Könnte man ein Geschäftsmodell als genetischen Code, als DNA einer Strategie bezeichnen?

Ja, in gewisser Weise kann man das Geschäftsmodell metaphorisch als den „genetischen Code“ oder die „DNA“ einer Strategie betrachten. Diese Analogie beschreibt gut die Beziehung zwischen den beiden Konzepten, da das Geschäftsmodell die grundlegenden Strukturen und Funktionsweisen eines Unternehmens festlegt, ähnlich wie der genetische Code die biologischen Funktionen eines Organismus steuert.

Ein Geschäftsmodell enthält die „Baupläne“ für die Wertschöpfung eines Unternehmens, indem es erklärt, wie das Unternehmen organisiert ist, welche Ressourcen und Prozesse es nutzt und auf welche Weise es Kunden bedient und Einnahmen generiert. Genau wie die DNA die biologische Grundlage für Wachstum, Entwicklung und Funktion eines Organismus ist, ist das Geschäftsmodell das Grundgerüst, auf dem eine Strategie aufbaut.

Allerdings funktioniert das Geschäftsmodell eher als statische Beschreibung der Strukturen und Abläufe, während eine Strategie dynamisch ist und das Unternehmen an sich ändernde Marktbedingungen anpasst. Die Strategie interpretiert den „genetischen Code“ des Geschäftsmodells und formt ihn aktiv, um sicherzustellen, dass das Unternehmen sich im Wettbewerb behaupten kann. Ohne eine flexible, anpassungsfähige Strategie würde das Unternehmen, ähnlich wie ein Organismus, der sich nicht an neue Umweltbedingungen anpassen kann, Schwierigkeiten haben, zu überleben und langfristig erfolgreich zu sein.

Warum diese Metapher passt:

  1. Struktur und Potenzial: Das Geschäftsmodell legt das Potenzial eines Unternehmens fest – es beschreibt die wesentlichen „Gene“, die bestimmen, wie ein Unternehmen funktioniert. Es legt fest, welche Ressourcen benötigt werden, wie das Unternehmen Geld verdient und wie es organisiert ist.
  2. Anpassungsfähigkeit und Wettbewerb: Eine Strategie wiederum ist der dynamische Aspekt, der bestimmt, wie sich das Unternehmen in einem sich ständig verändernden Wettbewerbsumfeld anpasst und weiterentwickelt. Sie entscheidet darüber, welche Teile des Geschäftsmodells betont oder verändert werden müssen, um dem Unternehmen langfristigen Erfolg zu sichern. Das Geschäftsmodell ist somit die „DNA“, die das Grundgerüst bildet, aber die Strategie ist der „Mechanismus“, der sicherstellt, dass das Unternehmen die richtigen Anpassungen vornimmt, um im Wettbewerb zu bestehen.

Obwohl diese Metapher nützlich ist, darf man sie nicht überstrapazieren. In der Biologie ist die DNA relativ statisch, während das Geschäftsmodell in der Realität flexibler und dynamischer sein muss, um sich an wirtschaftliche Veränderungen und Innovationen anzupassen. Geschäftsmodelle können sich durch Innovation oder Marktveränderungen weiterentwickeln, was in der DNA-Analogie nur bedingt zutrifft. Geschäftsmodelle sind auch oft experimenteller, und es gibt Spielraum für iterative Anpassungen, während der genetische Code eines Organismus eine festgelegte Grundlage bietet, die sich über Generationen hinweg nur durch Mutationen verändert.

Michael Porter und andere Strategieexperten haben oft betont, dass erfolgreiche Unternehmen nicht nur ein starkes Geschäftsmodell brauchen, sondern auch die Fähigkeit, dieses kontinuierlich zu überprüfen und zu transformieren, wenn die Marktbedingungen es erfordern​​. Das Geschäftsmodell gibt die „Grundform“ vor, aber die Strategie entscheidet, wie diese Form genutzt und verändert wird, um Wettbewerbsvorteile zu sichern und neue Chancen zu ergreifen.

Warum scheitern Strategien?

Strategien scheitern oft aus verschiedenen Gründen, die sowohl mit der Konzeption als auch mit der Umsetzung zusammenhängen. Obwohl eine Strategie theoretisch gut durchdacht und auf solide Daten gestützt sein kann, kann sie in der Praxis aufgrund einer Vielzahl von Faktoren scheitern. Hier sind einige der häufigsten Ursachen für das Scheitern von Strategien:

1. Fehlende oder unzureichende Analyse der Ausgangslage

Eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern von Strategien ist die unzureichende Analyse der internen und externen Rahmenbedingungen. Wenn Unternehmen die Marktbedingungen, Kundenbedürfnisse oder Wettbewerbskräfte nicht richtig einschätzen, können sie falsche Annahmen treffen. Dies kann dazu führen, dass sie auf unrealistischen Zielen und ungenauen Prognosen basieren. Beispiele hierfür sind:

  • Ignorieren von Trends und Marktveränderungen: Strategien, die auf veralteten Daten oder Annahmen beruhen, sind häufig nicht in der Lage, auf neue Markt- oder Technologietrends zu reagieren. Dies ist besonders relevant in dynamischen Branchen, in denen sich die Marktbedingungen schnell ändern, wie z. B. in der Technologie- oder Automobilbranche.
  • Falsche Einschätzung des Wettbewerbs: Eine Strategie, die nicht berücksichtigt, wie sich die Konkurrenz entwickelt oder welche neuen Spieler in den Markt eintreten könnten, ist anfällig für unerwartete Rückschläge. Ein klassisches Beispiel ist die Überbewertung der eigenen Marktposition oder die Unterschätzung neuer disruptiver Wettbewerber.

2. Fehlende Fokussierung und klare Zielsetzung

Viele Strategien scheitern, weil sie zu breit oder unklar sind. Wenn ein Unternehmen versucht, in zu vielen Bereichen gleichzeitig zu agieren, ohne klare Prioritäten zu setzen, wird es schwer, Ressourcen effizient zu nutzen. Ohne klare Ziele können Mitarbeiter und Führungskräfte Schwierigkeiten haben, ihre Aktivitäten auf die wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren.

  • Unrealistische oder vage Ziele: Strategien, die keine klaren, messbaren Ziele setzen oder die Erwartungen zu hoch ansetzen, sind oft zum Scheitern verurteilt. Wenn ein Unternehmen versucht, „alles für alle“ zu sein, verliert es oft den Fokus.
  • Mangel an klaren Prioritäten: Strategien, die keine klaren Prioritäten setzen, führen dazu, dass Unternehmen ihre Ressourcen überlasten und auf zu vielen Fronten kämpfen, was zu einem allgemeinen Mangel an Fortschritt führt.

3. Fehlende Anpassungsfähigkeit und Flexibilität

Eine Strategie mag zum Zeitpunkt ihrer Entwicklung sinnvoll sein, aber Märkte und Bedingungen ändern sich schnell. Unternehmen, die an starren Strategien festhalten und nicht bereit sind, auf neue Entwicklungen zu reagieren, sind anfällig für Misserfolge.

  • Unflexible Strategien: Wenn Unternehmen ihre Strategie nicht kontinuierlich anpassen und überprüfen, kann diese schnell veraltet sein. Ein Beispiel dafür ist Nokia, das lange an seiner Handystrategie festhielt, obwohl sich der Smartphone-Markt dramatisch veränderte.
  • Ignorieren von Rückmeldungen: Unternehmen, die nicht auf Rückmeldungen aus dem Markt, von Kunden oder Mitarbeitern hören, riskieren, blind in eine falsche Richtung zu gehen.

4. Mangelhafte Umsetzung

Selbst die beste Strategie kann scheitern, wenn sie nicht effektiv umgesetzt wird. Die Umsetzung einer Strategie erfordert klare Kommunikation, Ressourcenmanagement, Schulungen und ein hohes Maß an Engagement auf allen Ebenen des Unternehmens. Zu den häufigsten Problemen bei der Umsetzung gehören:

  • Schlechte Kommunikation: Wenn die Strategie nicht klar und verständlich kommuniziert wird, wissen die Mitarbeiter oft nicht, welche Rolle sie bei der Umsetzung spielen sollen. Dies führt zu Inkonsistenz und Verwirrung.
  • Mangelnde Ressourcen: Eine gute Strategie benötigt ausreichende finanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen. Wenn diese nicht zur Verfügung stehen oder falsch zugewiesen werden, kann die Strategie nicht erfolgreich umgesetzt werden.
  • Mangel an Führung: Eine wirksame Umsetzung erfordert starke Führung. Ohne engagierte Führungskräfte, die die Strategie aktiv vorantreiben, wird es schwer, die Mitarbeiter zu motivieren und die Ziele zu erreichen.

5. Kulturelle und organisatorische Barrieren

Unternehmenskultur und organisatorische Strukturen spielen eine zentrale Rolle im Erfolg oder Misserfolg einer Strategie. Wenn die Kultur des Unternehmens nicht mit der Strategie übereinstimmt oder wenn das Unternehmen über veraltete Hierarchien und Entscheidungsprozesse verfügt, kann es schwierig sein, neue Initiativen durchzusetzen.

  • Widerstand gegen Veränderungen: Menschen neigen dazu, Veränderungen zu vermeiden, insbesondere wenn sie glauben, dass dies ihre Position oder ihre Komfortzone bedrohen könnte. Dies kann zu einer „Sabotage“ von Strategien führen, selbst wenn sie gut durchdacht sind.
  • Fehlende Integration von Mitarbeitern: Strategien scheitern oft, wenn die Mitarbeiter auf den unteren Ebenen der Organisation nicht in den Prozess eingebunden werden. Sie müssen verstehen, warum Veränderungen stattfinden, und ihre Rolle dabei erkennen.

6. Unterschätzen der Umsetzungskomplexität

Manche Strategien sind auf dem Papier einfach, erfordern jedoch eine enorme Komplexität bei der Umsetzung. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen nicht die notwendigen Schritte und Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Strategie erfolgreich implementiert wird.

  • Unrealistische Zeitpläne und Erwartungen: Viele Strategien scheitern, weil Unternehmen nicht genügend Zeit einplanen, um Veränderungen effektiv umzusetzen. Komplexe Änderungen benötigen oft Zeit, um in der gesamten Organisation Fuß zu fassen.
  • Technologische Herausforderungen: In der heutigen Zeit hängen viele strategische Initiativen von der Implementierung neuer Technologien ab. Wenn Unternehmen die Komplexität dieser Technologien unterschätzen oder nicht über die richtigen Ressourcen verfügen, kann dies zu Verzögerungen und Kostenüberschreitungen führen.

7. Mangelnde Überprüfung und Anpassung

Eine Strategie ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Unternehmen, die es versäumen, ihre Strategie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, riskieren, dass diese veraltet oder irrelevant wird.

  • Fehlende Feedback-Schleifen: Unternehmen, die keine Mechanismen zur Überwachung und Anpassung ihrer Strategie haben, können nicht schnell genug auf Marktveränderungen oder interne Herausforderungen reagieren.
  • Ignorieren von Misserfolgen: Strategien müssen manchmal neu ausgerichtet oder überarbeitet werden, wenn sie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen. Unternehmen, die an gescheiterten Strategien festhalten, verschwenden oft wertvolle Ressourcen.

8. Bestätigungsfehler und kognitive Verzerrungen

Führungskräfte neigen oft dazu, Informationen so zu interpretieren, dass sie ihre eigenen Überzeugungen und Annahmen bestätigen (Confirmation Bias). Dies kann dazu führen, dass sie Warnzeichen übersehen oder an ineffektiven Strategien festhalten​.

Fazit:

Das Scheitern von Strategien lässt sich oft auf eine Mischung aus mangelnder Vorbereitung, unzureichender Umsetzung, organisatorischen Barrieren und fehlender Anpassungsfähigkeit zurückführen. Eine erfolgreiche Strategie erfordert eine kontinuierliche Überprüfung, klare Kommunikation, ausreichend Ressourcen und eine Unternehmenskultur, die Veränderungen begrüßt und unterstützt. Nur so kann sichergestellt werden, dass eine Strategie nicht nur auf dem Papier gut aussieht, sondern auch in der Realität funktioniert.

Wie sieht und beschreibt Collis in seinem HBM Artikel das Scheitern?

David J. Collis beschreibt das Scheitern von Strategien in seinem Artikel im Harvard Business Manager aus 12/2022 als eine Folge von unvollständigen oder unzureichenden strategischen Ansätzen, die entweder einzelne Elemente ignorieren oder die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen strategischen Faktoren nicht berücksichtigen. Er erklärt, dass viele Unternehmen, sowohl etablierte als auch junge, oft daran scheitern, ihre Strategie ganzheitlich zu gestalten und sich ausschließlich auf einzelne Aspekte konzentrieren, anstatt eine umfassende Strategie zu entwickeln, die langfristigen Erfolg sichert.

Zentrale Punkte zum Scheitern aus Collis‘ Perspektive:

  1. Fokussierung auf einzelne Elemente: Viele Unternehmen konzentrieren sich zu stark auf einzelne Bestandteile ihrer Strategie und verlieren dabei das Gesamtbild aus den Augen. Collis führt als Beispiel an, dass einige Unternehmen ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf technologische Innovationen richten, ohne zu bedenken, wie diese Innovationen mit anderen strategischen Elementen wie der Marktdynamik oder den langfristigen Wettbewerbsvorteilen zusammenhängen​.
    • Beispiel Start-ups: Start-ups sind laut Collis oft gut darin, unerfüllte Kundenbedürfnisse zu identifizieren, doch sie scheitern häufig daran, diese Erkenntnisse in nachhaltige Geschäftsmodelle umzuwandeln. Sie verpassen es, die langfristigen Kompetenzen und Fähigkeiten aufzubauen, die notwendig wären, um sich gegen Nachahmer und größere Konkurrenten durchzusetzen​.
  2. Fehlende Anpassungsfähigkeit: Ein weiteres zentrales Scheitern liegt in der Unfähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen. Etablierte Unternehmen, die über Jahre hinweg erfolgreich waren, versäumen es oft, ihre Strategie zu aktualisieren, wenn sich die Kundenbedürfnisse oder die Marktbedingungen ändern. Collis argumentiert, dass diese Unternehmen zu sehr auf ihre bewährte Wettbewerbsposition setzen und sich nicht genug Raum für Flexibilität lassen, um auf neue Herausforderungen zu reagieren​.
    • Beispiel etablierte Unternehmen: Sie ignorieren laut Collis häufig den Mehrwert neuer Technologien oder Geschäftsmodelle, weil sie sich zu sehr an ihre bestehende Positionierung klammern. Dies hindert sie daran, sich an veränderte Kundenwünsche anzupassen und führt oft dazu, dass sie von flexibleren und innovationsfreudigeren Wettbewerbern überholt werden​.
  3. Ignorieren von Wechselwirkungen: Ein zentraler Punkt in Collis‘ Analyse ist das Ignorieren der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Elementen einer Strategie. Er beschreibt die strategische Landschaft als ein komplexes Geflecht von Entscheidungen, die sich gegenseitig beeinflussen. Wenn CEOs diese Wechselwirkungen nicht verstehen oder vernachlässigen, können sie keine kohärente und ganzheitliche Strategie entwickeln.
    • Beispiel Tesla: Collis nennt Tesla als ein Beispiel für ein Unternehmen, das zwar ein attraktives Geschäftsmodell hat, dessen langfristiger Erfolg jedoch in Frage steht, weil es in einer Branche tätig ist, die sich schnell verändert. Die Elektrofahrzeugbranche zieht eine Vielzahl von Wettbewerbern an, was dazu führen könnte, dass Teslas Wettbewerbsvorteil geschwächt wird, wenn diese Konkurrenz die Marktstrukturen verändert​.
  4. Kurzfristiger Erfolg ohne langfristige Planung: Collis weist darauf hin, dass junge Unternehmen, insbesondere Start-ups, oft schnell Erfolg haben und dabei Kapital und Marktanteile gewinnen. Dieser anfängliche Erfolg kann jedoch trügerisch sein, wenn keine nachhaltige Strategie dahinter steht, die langfristige Gewinne sichert und Wettbewerbsvorteile etabliert. Viele Start-ups scheitern, weil sie es nicht schaffen, ihr Geschäftsmodell profitabel zu machen oder weil sie von Nachahmern überholt werden.
    • Beispiel Netflix und Disney: Netflix wird hier als Unternehmen genannt, das schnell von Konkurrenten wie Disney kopiert wurde. Dies verdeutlicht, dass der frühe Erfolg eines Geschäftsmodells keine Garantie für langfristigen Erfolg ist, wenn es nicht durch eine umfassende Strategie gestützt wird, die den Wettbewerbsvorteil schützt​.
  5. Fehlende Fokussierung auf den Wertzuwachs: Collis beschreibt auch, dass viele Unternehmen den Fokus auf den langfristigen Wertzuwachs verlieren. Sie konzentrieren sich zu sehr auf kurzfristige Erfolge, wie Marktanteilsgewinne oder Kapitalbeschaffung, ohne eine langfristige Strategie zu entwickeln, die den nachhaltigen Wert des Unternehmens sichert. Ohne kontinuierliche Überprüfung und Anpassung der Strategie droht das Unternehmen, seinen Wettbewerbsvorteil zu verlieren und ins Hintertreffen zu geraten.

Fazit von Collis zum Scheitern von Strategien:

Das Scheitern von Strategien liegt laut Collis häufig in einer mangelnden Ganzheitlichkeit und Flexibilität. Unternehmen konzentrieren sich entweder zu sehr auf einzelne Elemente oder ignorieren die dynamischen Wechselwirkungen in ihrer strategischen Landschaft. Darüber hinaus vernachlässigen sie oft die Notwendigkeit, ihre Strategie kontinuierlich anzupassen und auf langfristigen Erfolg auszurichten. Unternehmen, die ihre Strategie nicht regelmäßig überprüfen und an veränderte Marktbedingungen anpassen, riskieren, von neuen Wettbewerbern überholt zu werden oder an Relevanz zu verlieren.

Collis plädiert daher für einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Geschäftsmodell, Wettbewerbspositionierung und Umsetzungsprozesse sorgfältig aufeinander abgestimmt und kontinuierlich überprüft werden müssen, um langfristigen Erfolg sicherzustellen​.